Reisebericht Spitzbergen 2022

Im Reich der Gletscher

Spitzbergen fasziniert uns immer wieder. Die einzigartige Landschaft, die erfinderischen Tiere und das Fahren auf dem Segelboot. Wenn man es nicht gesehen hat, kann man es sich kaum vorstellen. Dennoch versuchen wir dir hier einen kleinen Einblick in unsere Reise nach Spitzbergen zu geben. 

05.06.2022: Anreise nach Spitzbergen und erste Beobachtungen

Spitzbergens Artenvielfalt

Wir fliegen von verschiedenen Flughäfen von Deutschland oder Österreich via Tromsø oder Oslo nach Longyearbyen. Die Landung ist um ca.14 Uhr. Wir werden mit dem Bus abgeholt, das Gepäck am Landungssteg abgegeben und werden dann in die Innenstadt (wenn man das so nennen kann) gebracht.

Wir sehen und hören die ersten singenden Schneeammern, entdecken die ersten Alpenschneehühner und Spitzbergen-Rentiere. Gemeinsam laufen wir gemächlich zur Rembrandt van Rijn und beziehen unsere Kajüten. Die ersten Eiderenten und Gryllteisten landen auf der Artenliste. Um 17 Uhr stechen wir in See. Als ersten Programmpunkt bekommen wir die Sicherheitsanweisungen und schon geht es los: die ersten Prachteiderenten passieren das Schiff und ein Zwergwal taucht neben dem Boot auf.

06.06.2022: Auf zum Vogelfelsen

Unsere erste Zodiac-Fahrt

Die meisten der Gruppe haben die erste Nacht auf dem Schiff gut geschlafen und die erste Zodiac-Anlandung steht auf dem Programm. Es ist leichter als gedacht, alle kommen mit zum Ausflug zum Alkehornet. Ein watzmannähnlicher Vogelfelsen, wo wir tausende Dickschnabellummen und Dreizehen-Möwen am Brutfelsen sehen.

Eismöwen und eine Skua patrouillieren am Fels nach Beute. Am Fuß des Felses warten die Schmarotzerraubmöwen und ein noch fast weißer Polarfuchs auf Futter für ihren Nachwuchs oder für sich selbst. Und ein Alpenschneehuhnpärchen posiert vorbildlich für unsere Fotografen in der Gruppe. Gryllteisten und Kurzschnabelgänse ergänzen die Artenliste.

07.06.2022: Unser erster Eisbär auf Spitzbergen

Die Magie Svalbards

Eigentlich wollen wir morgens eine Zodiac-Anlandung machen, aber eine Nebelwand erlaubt uns das wegen der Gefahr einer Eisbärenbegegnung nicht. So fahren wir gen Norden und halten Ausschau nach Vögeln und Walen. Plötzlich helle Aufregung an Bord: ein Eisbär, nicht weit vom Boot entfernt, vielleicht 50 Meter weit weg. Am Strand sieht man durch den Nebel einen männlichen, ca. fünf Jahre alten, fast ausgewachsenen Bären auf etwas Undefinierbarem sitzend und Stücke herausreißend. Ein toter Wal oder ein totes Walross liegt dort. Der Nebel lichtet sich und die Fotografen freuen sich. Szymon, unser Expeditionsleiter, entdeckt einen zweiten Bären. Diesmal ein Weibchen, das gut getarnt auf dem Schnee liegt und wartet. Wir können die beiden Eisbären mehrere Stunden lang beobachten und später gesellt sich ein Dritter dazu.
Wir verlassen den Beobachtungsort und ziehen noch weiter nördlich. Wir beschließen den wunderbaren Tag mit einer Zodiactour durch eine zauberhafte Eislandschaft, wo wir noch eine Skua aus nächster Nähe bestaunen dürfen. Das Geschrei der brütenden Küstenseeschwalben geleitet uns zurück zur Rembrandt.
An Bord kann man die fast mysthischen Gesänge der Robben oder Seehunde hören. Faszinierend.

 

08.06.2022: Panoramablicke und ein weiterer Eisbär

Der Woodfjorden

Immer noch Nebel, aber nicht so schlimm, dass wir nicht anlanden können. Ein Eisbär in der Ferne schleicht sich auf den Eisschollen an eine Bartrobbe an, die aber kurz vor dem Angriff ins Wasser gleitet.
Wir wandern mit Schneeschuhen auf einen Hügel, wo wir Panoramablick auf die Bucht haben. Balzende Meerstrandläufer und futtersuchende Sandregenpfeifer versüßen das Warten auf die Zodiacs. Wer nicht auf Schneeschuhen laufen will, schließt sich einer Strandwanderung an. Weiter geht die Reise nach Nordosten, dem Treibeis entgegen.
Wir biegen ab in den Woodfjorden (Liefdefjord) und fahren bis zur Texas Bar. Ein Gruppenmitglied entdeckt zur Freude aller eine Prachteiderente, die wir lange beobachten können.

09.06.2022: Ein Tag voller Highlights

Von Elfenbeinmöwen und Whiskey mit Gletschereis

Wir unternehmen nach dem Frühstück eine Schneeschuhwanderung um die Texas Bar und zu einem Wasserfall. Wir entdecken brütende Kurzschnabelgänse und balzende Meerstrandläufer und kehren kurz in der Texas Bar ein.
Nach dem wie immer wohlschmeckenden Mittagessen an Bord tuckern wir zum legendären Gletscher 'Monacobreen'. Matthias sieht unterwegs eine Schwalbenmöwe, die anderen stürmen an Bord, jedoch leider zu spät. Aber unser Ehrgeiz ist geweckt. Und was niemand erwartet hat: Matthias hat einen Lauf und findet vor einem gewaltigen Gletscher erst eine, dann eine zweite Elfenbeinmöwe. Keiner der Ornis bekommt heute das Grinsen aus dem Gesicht. Wir umrunden noch einige Eisberge und an den 'Enteninseln' sehen wir uns an Prachteiderenten, Sterntauchern und Eisenten satt. Als Schmankerl obendrauf eine Bartrobbe und zwei kleine unbestimmte Robben. Renè schmeißt für seinen „Lifer“ eine Lokalrunde Whiskey mit Gletschereis.

What a day.

10.06.2022: Eisbärerfahrungen

Die Überquerung des 80. Breitengrades

Der Plan heute waren zwei Anlandungen. Gleich die erste wurde aufgrund einer Bärenbeobachtung gestrichen. Und die hatte es in sich: Eine Eisbärin mit diesjährigem Baby zeigte sich drei Stunden lang am Schiff. Die beiden spielten, schwammen, rannten, neckten sich und fanden zum Schluss Überreste eines Rentiers, das sie gemeinsam abnagten.
Die zweite Landung war bei der Hütte, in der Familie Ritter 1934 überwinterte. Ein Highlight für Literaturfreunde, denn Frau Ritter schrieb über die Überwinterung ein Buch.
Wir entschlossen kurzfristig noch, den 80. Breitengrad zu überqueren. Feierten dort bei Minusgraden mit Glühwein die Überquerung und konnten auf der sehr nördlichen Insel Moffen ein sehr seltenes Naturschauspiel beobachten: ein großer Eisbär näherte sich einer ca. 200 Exemplaren starken Walrossgruppe bis auf wenige Meter. Immer wieder näherte er sich den Walrossen, doch angegriffen hat er nicht.
Verrückt und faszinierend zugleich. Was für ein Glück für unsere Gruppe.

 

11.06.2022: Ganz nah zur Walrosskolonie

Eines meiner Highlights - der Krabbentaucherfelsen

Wir stehen fast alle 'nachts' auf und passieren die Stelle an der wir die ersten drei Eisbären beobachtet hatten. Wir konnten auch einen Bären sehen, allerdings nur die „Spitze des Eisbärs“; seinen Kopf und die Schulter, da er gut versteckt im Schnee schlief. Dafür entschädigt uns ein Walross auf einer Eisscholle, das unser Kapitän mit seinem Schiff elegant umrundete. So ein Kapitän ist ein Glücksgriff für Natur-Freaks. Um ca. 4 Uhr früh kommt noch ein Minkwal (Zwergwal) zum Luftholen. Nach dem Frühstück geht es per Pedes zum Magdalenenfjord. Auch hier wieder Prachteiderenten und eine Kolonie Dreizehenmöwen. Eine kleine Gruppe Walrosse sehen wir in der Ferne und eines kreuzt an der Rembrandt vorbei. Wir genießen ein paar Minuten der arktischen Stille.
Den Nachmittag verbringen wir am Krabbentaucherfelsen. Für mich immer einer der Höhepunkte. Man sitzt neben der Kolonie und beobachtet die quirligen hocharktischen Vögel. Den Höhepunkt des Tages aber bildet der Besuch bei den Walrossen. Bis auf 40m durften wir uns leise anpirschen. Drei der mächtigen Meeressäuger waren zu unserer Freude sehr aktiv im Wasser und ein Bulle rollte sich zum Abschied gar für uns ins Wasser. Zur Abrundung des Tages findet Edgar sogar 'nachts' noch einen weiteren Eisbären.

 

12.06.2022: Die gewaltigen Gletscher Spitzbergens

Papageitaucher und Polarfüchse

Wir landen am Magdalenenfjord an und laufen bis weit nach vorne und beobachten dort ca. 30 
Prachteiderenten. Ziemlich anstrengend die Tour, sie endet an den Gräbern holländischer 
Walfänger. Nach dem Mittagessen fahren uns die Zodiacs entlang eines Vogelfelsens, an dem 
erstaunlich viele Papageitaucher nisten. Aber auch Dreizehenmöwen, Dickschnabellummen, 
Eismöwen und Weisswangengänse. Ein Polarfuchs-Pärchen streicht umher auf der Suche nach 
Beute. Besonders imposant war die Ruhe hinter einer Mooswand mit vielen arktischen Blümchen.
Auf der Weiterfahrt zum nächsten Gletscher posiert eine Bartrobbe fotogen auf einer Eisscholle. 
Wir machen noch eine kleine Anlandung, um -erfolgreich natürlich- Sterntaucher im Brutgebiet zu 
beobachten. Den grandiosen Abschluss des ereignisreichen Tages bildet eine Fahrt entlang des 
gewaltigen Gletschers.
In der Nacht setzten wir die Fahrt fort nach Ny Ålesund.

 

13.06.2022: Unterwegs in Ny Ålesund

Historische Begegnungen

Am Vormittag besuchen wir Ny Ålesund. Wir gehen ins sehr empfehlenswerte Museum und lassen uns Amundsens Geschichte von der ersten Nordpolüberquerung am Abflugmast seines Zeppelins erzählen. Wir entdecken zwei neue Vogelarten, die Alpenstrandläufer und Steinwälzer. Nach dem Mittagessen setzen wir über nach Ny London, wo sich eine dramatische Geschichte eines Herrn Mansfield ereignet hat. Wir sind natürlich wegen der Vögel hier und entdecken die erwartete Falkenraubmöwe. Auf einer kleinen Wanderung über die Halbinsel können wir noch Sterntaucher und Eisenten beobachten.

 

14.06.2022: Unser Walross-Tag

Wir dürfen beim Segeln helfen

Heute soll unser Walross-Tag werden. Die Vormittagstour geht nach Sarstangen, einer langen Sandbank, wo wir ca. 10 Walrosse bestaunen können. Einer der Bullen robbt sich ins Meer und nähert sich uns vorsichtig. Er zeigt seine gewaltigen Stoßzähne zur Freude der Reisefreunde. Joachim, unser unermüdlicher Kapitän, lässt es sich nicht nehmen, von Sarstangen bis Polepinten zu segeln. "A Draum", würde der Franke sagen. Wer möchte, kann bei einigen Segelmanövern mit Hand anlegen.
Nachmittags fahren uns unsere Zodiacs nach Poolepynten, wo wir durch eine lila blühende Tundra spazieren und das Thorshühnchen (leider vergeblich) suchen. Dafür sehen wir Steinwälzer, Sandregenpfeifer und die üblichen Verdächtigen. Den Abschluss der Wanderung bildet eine ca. 30 Exemplare große Gruppe Walrosse - diesmal sind es drei Exemplare, die im Wasser planschen - herrlich.

 

15.06.2022: Langsam Abschied nehmen

Ein gelungener letzter Tag in Spitzbergen

Der letzte Tag unserer Reise. Wir landen am Morgen in Skansbukta an und wandern auf eine Anhöhe. Unterwegs erklärt uns Szymon die Polygon-Entstehung und die Wichtigkeit der Permafrost-Böden. Die botanisch Interessierten entdecken Spitzbergen-Mohn, Steinbrech und Läusekraut. Die Ornis freuen sich an Ringelgänsen, Schneeammern und -hühnern, an Weisswangengänsen und Papageitauchern.
Die nachmittägliche Anlandung findet gegenüber des Isfjords statt. Ein altes Wrack bildet die Kulisse unseres Gruppenfotos. Die Fotografengruppe legt sich ein letztes Mal auf spitzbergischen Boden, um Rentiere und Meerstrandläufer abzulichten. Die Ornis erfreuen sich an der Kolonie der Eissturmvögel und an an einem großen Vogeltrupp im Meer, wo von Skua bis Papageitaucher alle häufigen Arten vertreten waren.
An Bord der Rembrandt hält Joachim die Kapitänsrede. Bobby, der Hotelmanager und Barkeeper, bewirtet uns ein letztes Mal. Eine wunderschöne Stimmung wird umrahmt mit einem tollen Captain's-Dinner. Christian hält eine schöne Abschiedsrede und an der Bar werden neue Reisepläne geschmiedet und wie immer viel gelacht.

 

16.06.2022: Rückflug nach Deutschland

Um 9 Uhr gehen wir von Bord. Renè entdeckt mit der Polarmöwe die 31ste und letzte Vogelart der Reise. Danach fliegen wir alle nach Hause.

Den Reisebericht inklusive Artenliste finden Sie hier.

 

                                     Zur Spitzbergen Reise

Das könnte Sie auch interessieren

Europe's Birds: An Identification Guide

Europe´s Birds ist ohne Zweifel der beste Fotoführer für die europäische Vogelwelt. Das Buch hat alles, was man sich wünschen kann, um Vögel im Freiland sicher zu identifizieren.

Bestimmung von Wintertauchern

Jetzt im Vogelwinter kann man sie manchmal versteckt in den Massen der überwinternden Wasservögel sehen: Seetaucher. Noch mehr als die Lappentaucher, die mit Hauben-, Schwarzhals- und Zwergtaucher auch im Sommerhalbjahr bei uns vertreten sind, verbringen die Seetaucher ein Gutteil ihres Lebens im…

Nachhaltigkeit und Artenschutz bei birdingtours

Seit Fridays for future, seit der Klimakrise und dem großen Artensterben ist zum Glück nichts mehr so, wie es einmal war. Auch nicht im Tourismus und schon gar nicht bei birdingtours, denn wir sind unmittelbar betroffen.