Spätwinter: Meisen - Alarm im Wald

Spätwinter: Meisen - Alarm im Wald

Vögel beobachten beim Waldspaziergang gegen den Corona-Koller

Die schwache Spätwintersonne scheint auf den dunkelbraunen Waldboden unter den Buchen,leicht geschwollene Blattknospen lassen die kommende grüne Pracht erahnen. Aber noch ist der Wald meist stumm. Doch Moment! Wispernde laute dringen an unsere Ohren und schon bald zieht ein Meisentrupp futtersuchend durch den Spätwinterwald.

Vor allem, wenn jetzt die Sonne schient, wie heute, singen die Meisen schon in den Wäldern und noch mehr als hier in den Gärten. Allen voran mit "Zi-zi-be« und »tie-hüi« oder auch nur laut und einfach »pink!« die kräftigen Kohlmeisen. Daneben hören wir das leisere Trillern der Blaumeisen und ihre extrem hohen Kontaktrufe »sisisi «. Auch Sumpfmeisen sind mit dabei. Ihr scharfes „Pist-ju“ unterscheidet sie deutlich von den sehr ähnlichen Weidenmeisen, die leider europaweit selten geworden sind.

Haubenmeise Deutschland Christoph Moning
Haubenmeise (C. Moning)
Kohlmeise (T. Grieson.Pflieger)
Kohlmeise (T. Grieson.Pflieger)

Viele Augen sehen mehr als zwei

Meisentrupps, die sich aus drei oder sogar mehr Meisenarten zusammensetzen, manchmal ergänzt um Goldhähnchen oder Schwanzmeisen, sind typische Erscheinungen in unseren Wäldern und Parks. Diese gemischten Trupps, die übrigens oft in der Nähe von Buntspechten zu sehen sind,  verringern für die einzelnen Vögel das Risiko, von Sperber oder Katze getötet zu werden.  Wie auch auf unseren birdingtours Reisen gilt hier: "Viele Augen sehen mehr als zwei«, ist hier der Grundsatz.

Das Experiment "Luftfeindabwehr"

Verhaltensforscher von der Universität Bochum untersuchten das Feindabwehrverhalten von Meisen und stellten eine differenzierte akustische „Luftfeindabwehr“ fest. Bei den Experimenten wurden dressierte Sperber eingesetzt, die Scheinangriffe auf einen Meisentrupp flogen. Die Meisen reagierten unterschiedlich, ausschlaggebend für ihr Verhalten scheint die Entfernung zu sein, in der sie die Gefahr entdecken konnten. In einer Entfernung von 100 bis 30 Metern von den Meisen reagierten diese, wie Tonbandaufzeichnungen ergaben, mit einem sehr hohen Warnruf mit einer Frequenz von etwa 8000 Hertz. Wurde der Sperber erst später und dadurch schon viel näher am Meisenschwarm entdeckt, so ertönte ein deutlich tieferer Alarmton von etwa 4000 Hertz. Warum nun diese Unterscheidung in Nah- und Fernalarm?
Meisen und Sperber hören unterschiedliche Tonfrequenzen gut. Meisen können, wie viele andere Singvögel auch, die hohen Töne viel besser wahrnehmen, als der Greifvogel. Dieser hört aber die niederfrequenten Töne, wie etwa den Nah-Alarmruf gut. Diese Schwäche machen sich die Meisen zunutze. Der hohe Ruf, der von den Artgenossen und Verwandten gut wahrgenommen wird, dient als Warnruf: "Achtung, Luftfeind nähert sich, volle Deckung!« Da der Sperber diesen Ruf nicht wahrnehmen kann, macht ihn der Alarm auch nicht auf die potenzielle Beute aufmerksam. Dagegen hört er den Nah-Alarmruf sehr genau. Diesen könnte man in unsere Menschensprache übersetzen mit: "Wir haben Dich entdeckt, du Vogelräuber!“ Da Sperber und Habicht, die beiden Greifvögel, die den Meisen gefährlich werden können, in der Unübersichtlichkeit des Waldes voll auf den Überraschungseffekt angewiesen sind, könnte diese Enttarnung für sie die Fortsetzung des Beuteflugs erübrigen. Ein gemeldeter Überraschungsangriff ist eben keiner mehr …

 

Entspannung beim Waldspaziergang

All dies spielt sich ab, wenn wir unseren Corona-Koller mit einem Waldspaziergang vergessen machen und wenn wir besonders aufmerksam hinhören und uns auf alles konzentrieren, was um uns herum zu hören, riechen und zu sehen ist, kommen wir entspannt zurück.

 

Thomas Griesohn-Pflieger 

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