Im Interview: Die Wildlifefotografen
Alon Mekinulov und David Stenitzer
Einblicke in die Welt der ethischen Vogelfotografie
David und Alon sind nicht nur leidenschaftliche Vogelfotografen, sondern auch engagierte Naturschützer, die ihre Liebe zur Natur durch ihre beeindruckenden Bilder vermitteln. David, einst Biochemiker, nutzt sein wissenschaftliches Wissen, um die komplexen Zusammenhänge der Natur darzustellen. Alon, der als Artenschützer zum Fotografen wurde, bringt seine Erfahrung aus Südostasien ein und nutzt Fotografie als kraftvolles Werkzeug zur Artenschutzvermittlung. In diesem Interview teilen sie ihre Techniken, Erfahrungen und die tiefen emotionalen Verbindungen, die sie mit der Natur knüpfen.
David und Alon, wie nähert ihr euch der Herausforderung, seltene Vogelarten zu fotografieren, und welche besonderen Techniken setzt ihr ein, um sie in ihrem natürlichen Habitat abzulichten?
Geduld ist das Stichwort. In vielerlei Hinsicht. Geduld, bis man genug Wissen über das Tier, dessen Verhalten und Habitat gelernt hat. Geduld, bis man es schafft, das Tier im Habitat zu finden. Geduld, um zu sehen, ob das Individuum entspannt genug ist, dass man es störungsfrei fotografieren kann. Es braucht Zeit und im Falle des Falles lassen wir eher von einem Individuum ab und verzichten auf das Foto, wenn wir merken, dass das Tier durch unsere Anwesenheit gestört ist. Dann braucht es wieder Geduld, um einen neuen Spot zu finden. Genaue Vorgehensweise, Techniken und vor allem das richtige Mindset lernt ihr am besten in einem unserer Workshops.
Alon, welche Ausrüstung empfiehlst du speziell für Vogelfotografie-Anfänger und wie sollte man sich auf eine Vogelfotografietour vorbereiten?
Feste Schuhe, Wetterangepasste Kleidung und einen Schokoriegel oder etwas, was die langen Wartezeiten versüßt. Technisch empfehle ich eine Kamera mit möglichst hoher Serienbildrate (ca.20 Bilder/Sekunde sind ein guter Richtwert, aber kein Muss) und ein gutes Teleobjektiv (alles um die 400mm). Je mehr man sich mit der Ausrüstung auseinandersetzt und sich in der Verwendung wohl fühlt, desto besser.
David, hast du eine Lieblingsvogelart, die du am liebsten fotografierst, und was macht diese Art so besonders für dich?
Auch wenn ich alle Vögel toll finde ist mein Lieblingsvogel ganz klar der Mäusebussard, auch wenn dieser sehr schwer zu fotografieren ist. Schon als Kind hat mich dieser Vogel fasziniert und das hat sich nicht geändert.
Könnt ihr beide diskutieren, wie wichtig Tarnung und Geduld in der Vogelfotografie sind, und wie ihr diese Fähigkeiten entwickelt habt?
Geduld und Respekt sind wohl die wichtigsten Eigenschaften, die man als Wildtierfotograf mitnehmen sollte. Beides wird unserer Erfahrung nach immer mit guten Bildern und Erlebnissen belohnt. Wir waren beide nicht immer geduldig. Wenn man lernt, den Prozess zu genießen und die Schönheit am Weg zum Zielfoto zu schätzen, dann kommt man gar nicht dazu, ungeduldig zu sein. Der Weg ist das Ziel. Einige unserer Lieblingsbilder sind entstanden, als wir eigentlich nach einer ganz anderen Spezies gesucht haben. Tarnung ist dabei ein gutes Mittel um mit der Umgebung zu verschmelzen und damit noch weniger Auswirkung auf sie zu haben. Sie ermöglicht oft erst die störungsfreie Beobachtung von natürlichem Verhalten des Wildtieres.
Was war der seltenste oder ungewöhnlichste Vogel, den ihr je fotografiert habt, und welche Geschichte steckt hinter diesem besonderen Moment?
Alon: Für mich persönlich sind es nicht nur die Arten selbst, sondern insbesondere ihre Verhaltensweisen, die mich faszinieren. Ein Argusfasan, der direkt neben mir lautstark nach seiner Partnerin ruft, Afrikanische Paradiesschnäpper beim Balztanz, Hornwehrvögel beim Brüten, aber auch Beutelmeisen beim Nestbau..all dies und noch viel mehr lässt mein Herz höher schlagen. Wenn ein Tier in meiner Anwesenheit solch natürliches Verhalten zeigt, ist dies für mich Kompliment und Bestätigung zugleich. Ich störe nicht, deshalb darf ich an diesem besonderen Moment teilhaben.
David: Ich jage tatsächlich nicht unbedingt seltenen Arten hinterher, sondern fotografiere oft gewöhnliche Arten. Es gibt jedoch einige besondere Arten die mir schon vor die Linse geflogen sind. Eine davon erst kürzlich und zwar ein leuzistischer Austernfischer. Eine Beobachtung die ich wsl nie wieder in meinem Leben haben werde.
David & Alon, wie beeinflusst eure Leidenschaft für den Naturschutz eure Herangehensweise an die Wildtierfotografie?
Alon: Ich sage immer, ich bin nicht als Fotograf zum Artenschutz gekommen, sondern als Artenschützer zum Fotografen geworden. Ich habe die Fotografie als Tool zur Vermittlung von Artenschutzarbeit für mich entdeckt, als ich für eine Artenschutz NGO in Südostasien gearbeitet hab. Für mich kommt der Natur- und Artenschutz also zuerst und bildet das Fundament, auf dem meine Fotografie aufbaut.
David: Im Gegensatz zu Alon bin ich als Fotograf erst zum Naturschutz gekommen. Als ich begonnen habe mich näher mit der Natur um mich zu beschäftigen, habe ich gemerkt wie kaputt diese teilweise ist. Ich versuche immer wenn möglich bei verschiedenen Naturschutzprojekten zu helfen und aufzuklären. Meine Fotografie soll einerseits zeigen wie schön und schützenswert unsere Natur ist aber auch wo die Probleme sind.
Alon, könntest du eine besonders prägende Erfahrung teilen, die du während deiner Zeit in Indonesien hattest, und wie sie deine Sicht auf Artenschutzfotografie verändert hat?
Wenn man mal ein wildes Tier in einer Falle gesehen hat, dann macht das was mit einem. Über 35°, extrem hohe Luftfeuchtigkeit, stundenlange Wanderung, jeder Schritt ist anstrengend. Man schwitzt wie noch nie zuvor und die Moskitos machens einem auch nicht leichter..und dann hört man nicht weit weg hektisches Rascheln, fiependes Rufen und plötzlich ist all die Anstrengung vergessen und man marschiert so lange bis man das Gesicht findet, dass die Hilferufe von sich gibt. Unter extremen Stress schießt seine Atmung förmlich durch die kleine Lunge. Augen komplett aufgerissen. Mundwinkel nach hinten gezogen. Ein Tier in Todesangst, das sich mit aller Kraft und trotz extremer Erschöpfung dagegen wehrt, in dieser Schlinge sein Ende zu finden. Je näher man kommt, desto hektischer wird das Tier. Man will nur helfen, packt das Tier und versucht es zu fixieren. In der Hand spürt man sein kleines Herz fast explodieren. Er schreit laut auf, glaubt seine letzten Worte in den Dschungel zu rufen..und dann löst man vorsichtig die Schlinge, der Schmerz löst sich langsam, das Tier atmet ein wenig ruhiger. Kaum setzt man ihn auf den Boden, rennt er mit aller Kraft davon. Wer schonmal in die Augen von einem Tier geblickt hat, das glaubt sein Ende gefunden zu haben und dann in die Augen seiner Artgenossen blickt, die frei sind, weiss was ich meine. Es bewegt wie kaum etwas anderes. Wenn ich mit meiner Arbeit einem einzigen Tier dieses Schicksal ersparen kann, dann lohnt sich jede Anstrengung.
David, wie verbindest du deine wissenschaftliche Arbeit in der Biochemie mit deiner Leidenschaft für die Wildtierfotografie?
Während meiner Zeit als Biochemiker hab ich wahrscheinlich gut gelernt, wie es ist, mit Fehlschlägen umzugehen. Nicht jedes noch so lang geplante Experiment funktioniert und so ist das auch in der WIldtierfotografie - oft geht man ohne Foto nach Hause. Im Moment bin ich tatsächlich nicht mehr als Biochemiker tätig und versuche mich voll und ganz auf die Fotografie zu stürzen. Mein Wissen aus 10 Jahren Studium hilft mir oft komplexere Themen im Natur- und Artenschutz zu verstehen und auch zu vermitteln.
Welche spezifischen Herausforderungen treten auf, wenn man versucht, seltene und scheue Tiere zu fotografieren, und welche Techniken verwendet ihr, um diese Herausforderungen zu überwinden?
Alon: Je seltener das Tier, desto mehr Recherche, Vorbereitung, Geduld und Vorsicht braucht es. Das Wohl des Tieres hat oberste Priorität. Erst wenn eine möglichst störungsfreie Beobachtung möglich ist, gehen wir an die Situation heran. Dabei gilt es, bestimmte lokale Regelungen zu beachten. Wegegebote, Schonzeiten, Verhaltensordnungen, Vertrauen an die Guides uvm..Erst wenn alles im grünen Bereich ist, erlauben wir uns den Auslöser zu drücken. So haben wir auch schon auf mögliche Expeditionen zu sehr seltenen Arten verzichtet, weil wir aufgrund des Gefährdungsstatus des Tieres absolut kein Risiko eingehen wollten.
Könnt ihr einen Einblick geben, wie ein typischer Tag auf einer eurer Fotoreisen aussieht und was Teilnehmer erwarten können?
Alon: Wir stehen sehr früh auf und sind bis sehr spät unterwegs. Pausen gibt es dazwischen immer wieder zum Essen, entspannen oder wenn jemand eine Pause braucht. Wir richten uns immer sehr nach den Wünschen unserer Teilnehmer. Zu zweit und als Spezialisten für verschiedene Kamerasysteme können wir sehr gut auf die einzelnen Teilnehmer und deren Fragen und Herausforderungen eingehen. Für uns ist die Gesamterfahrung von Bedeutung. Um im richtigen Moment fokussiert und schnell zu reagieren und das ersehnte Foto zu bekommen, muss man in den Ruhe- und Wartephasen entspannt sein. Wir gehen sehr locker miteinander um und unsere Workshop-Gruppen werden schnell eine kleine Familie auf Zeit. Viel Humor, einige Anekdoten und ganz ganz viel Technik-Talk machen unsere Workshops nicht nur in Lightroom zu etwas Besonderem, sondern bleiben auch im Herz in Erinnerung. Wer uns schon mal erlebt hat, dem bleibt mehr als bloß ein gutes Foto als Erinnerung.
David & Alon, welche einzigartigen Möglichkeiten bietet birdingtours für Vogelbeobachter, die auf euren Reisen sowohl seltene Vögel erleben als auch zur Vogelschutzforschung beitragen möchten?
Wie bereits oben öfter erwähnt, sind Geduld und Vorbereitung essentiell für gute Erlebnisse in der Natur. Die Vorbereitung braucht viel Zeit und Erfahrung. Als Teilnehmer bei unseren Touren, ist alles bereits geplant und erledigt. Man muss nur noch Geduld mitbringen und um den Rest kümmern wir uns.
Wie integriert ihr eure individuellen Fachkenntnisse und Erfahrungen in die Gestaltung der Reiserouten für birdingtours, um ein unvergessliches Erlebnis für Vogelliebhaber zu schaffen?
Wenn wir mit einer Tour an einen Ort gehen, dann waren wir da vorher schon. All die Recherchearbeit ist bereits passiert. Unser Wissen in Sachen Ethik ist angewendet und der Ort und das Erlebnis somit freigegeben. Wer mit uns mitgeht, kann sich darauf vorbereiten, einiges von uns zu lernen. Wir scheuen uns nicht unser Wissen zu teilen, denn je mehr wir für die ethische Wildtierfotografie begeistern können, desto schöner ist das Erlebnis für Mensch, Tier und Natur.
Angesichts der unterschiedlichen Regionen, die birdingtours abdeckt, wie entscheidet ihr, welche Gebiete ihr für neue Touren auswählt, und welche Kriterien sind dafür entscheidend?
Wir waren selber schon vor Ort und haben uns ein Bild (oder ganz viele) von den Möglichkeiten gemacht. Entspricht die Tour unseren Kriterien für Ethik, Lernmöglichkeiten, Fotomöglichkeiten und auch ein wenig Entspannung, dann kommt die Tour in unsere engere Auswahl, welche wir birdingtours anbieten.
Wie stellen birdingtours sicher, dass die Touren umweltfreundlich und nachhaltig sind, insbesondere in Bezug auf den Schutz der Vogelarten, die ihr beobachtet?
Wenn man Ethik und Tierwohl als erste Priorität hat, dann ist der Schutz der beobachteten Arten immer gegeben. Alles andere entspräche nicht unserer Vorstellung einer erfolgreichen Tour.
Besuchen Sie die beiden auf ihrer Webseite >