Eulen und ihre Sinne - Meister der Nacht
Thomas Griesohn-Pflieger
Eulen sind faszinierende Geschöpfe, die sich perfekt an die Jagd und das Leben in der Dunkelheit angepasst haben. Unter Bedingungen, bei denen für viele andere Tiere die Sicht eingeschränkt ist, zeigen Eulen erstaunliche Fähigkeiten, sich zu orientieren und ihre Beute zu finden.
Sie verfügen über besonders scharfe Sinne. Mit ihrem extrem guten Gehör können sie bis zu 100-mal besser auch feinste Geräusche wahrnehmen, als wir Menschen es vermögen. Ihre Ohren sind am Kopf asymmetrisch angeordnet. Die rechte Ohröffnung liegt etwas höher und der breite Kopf der Eulen sorgt ebenfalls dafür, dass die Töne die Ohren mit einem winzigen zeitlichen Unterschied erreichen. Das ermöglicht es den nächtlichen Jägern, den Standort des Ursprungs eines Geräusches auch ohne Hilfe der Augen zu “berechnen”. Aber das ist noch nicht alles. Der Gesichtsschleier, den fast alle Eulen zeigen und der den Kopf groß und rund erscheinen lässt, lenkt den Schall effektiver zu den Ohren an den Rändern des Schleiers weiter. Zudem sind ihre Ohrläppchen beweglich und unterstützen das Weiterleiten des Schalls. Alle Sinne der Eulen sind dazu ausgelegt, eine zuverlässige Ortung der Geräusche in dunkler Nacht zu ermöglichen und auszuwerten.
Dabei hilft auch ein sehr entwickeltes Hörzentrum im Gehirn. Die nachtaktive Schleiereule kann mit 95.000 Nervenzellen Geräusche auswerten, während die tagaktive Rabenkrähe nur über 27.000 Gehirnzellen dafür zur Verfügung hat. Und auch Krähen können gut hören — besser als wir Menschen.
Aber damit sind die Anpassungen der Eulen noch nicht abschließend beschrieben. Wenn die Eule ihre Beute mit den Ohren “sieht” und sie fangen will, muss sie selbst möglichst geräuschlos jagen. Das kann sie, weil ihr Gefieder besonders weich und dicht ist, wodurch sie geräuschlos durch die Luft gleiten können. Dies ermöglicht es ihnen, ihre Beute zu überraschen, ohne entdeckt zu werden.
Und dann der drehbare Kopf! Eulen können ihren Kopf bis zu 270 Grad drehen, ohne ihren Körper bewegen zu müssen. Dies erweitert ihr Sicht- und Hörfeld enorm und ermöglicht es ihnen, ihre Umgebung besser mit den Sinnen erfassen zu können. Vergleichbar den Schnurrhaaren von Katzen verfügen Eulen über feine Tasthaare im Gesicht und an den Füßen, mit denen sie ihre Umgebung ertasten können. Dies hilft ihnen, sich in der Dunkelheit zu orientieren und Beute zu fangen, die sie nicht sehen können.
Eulen nutzen alle diese Anpassungen und Sinne, um in der Nacht erfolgreich zu jagen. Ihr scharfes Gehör, ihr großes Sehvermögen, ihre drehbaren Köpfe, ihre Tastempfindungen und ihre verschiedenen Jagdtechniken machen sie zu meisterhaften Jägern der Dunkelheit.
Viele von Ihnen haben es mitbekommen: Mit einer Livecam konnten wir diesen Frühling die Brut und Aufzucht eines Bartkauzpaars mitverfolgen. Mittlerweile sind die Küken groß genug, um die Umgebung zu erkunden. Sie haben das Nest verlassen. Highlights der Mitschnitte können Sie hier finden.