Ein Besuch im Havelland

Ein Besuch im Havelland

 

Es ist früh am Morgen in Brandenburg. Heute wollen wir mit birdingtours das nahe gelegene Brutgebiet der Großtrappen besuchen. In den letzten Tagen gab es schon schöne Frühjahrsbeobachtungen mit singenden Ortolanen und erfolgreich jagenden Fischadlern. Die Stimmung beim vorgezogenen Frühstück ist gut, das Wetter passt – mit Sonne, wenig Wind und 12 Grad Celsius.

Nach einer kurzen Anfahrt sehen wir schon den großen Beobachtungsturm, auf den wir zum Glück alle zusammen passen. Es ist deutlich kälter hier oben in sechs Metern Höhe, wo ein leichter Wind weht. Handschuhe und Mützen kommen zum Einsatz, während uns der Geschäftsführer des Fördervereins Großtrappenschutz herzlich begrüßt.

Noch sehen wir wenig in der weiten Landschaft, nur die Rufe von zwei Brachvögeln sind vernehmbar. 

 

Dann entdecken wir zwei Großtrappen am Rande eines Grabens.

Sie laufen  langsam auf uns zu. Die Kameras werden gezückt, die Spektive werden scharf gestellt, die ersten „Aahs“ werden hörbar, da wird eine ganze Gruppe von Hähnen weiter westlich entdeckt. Nachdem sich alle Beobachtenden neu ausgerichtet haben, können wir erkennen, wie zwei Hähnen ihre Flügel drehen, sie pumpen den Kehlsack auf und immer mehr weißes Untergefieder wird sichtbar. Es wirkt, als würden sie ihr Federkleid auf Links drehen!

Wir werden Zeuge der Balz  von Großtrappenhähnen an einem kühlen Morgen im Havelland. Bedenkt man, dass es nur noch etwa 300 Großtrappen in Deutschland gibt und wir hier in einem der nur drei Einstandsgebiete die Balz beobachten können, ist es ein besonderer Moment.

 

Großtrappe Österreich Christoph Moning
Großtrappe (Christoph Moning)

Ein Hahn dreht sich jetzt auf der Stelle, neigt sich nach vorne.

Bei dem weißen Bündel ist gar nicht mehr auszumachen, wo vorne und hinten ist. In die Stille hinein hören wir plötzlich ein dumpfes Geräusch ähnlich dem eines Rohrdommelrufs. Es ist tatsächlich das Balzgeräusch des Hahnes vor uns, das er mit seiner Kloake erzeugt. Wir können es mehrmals hören, obwohl wir mehr als fünfzig Meter entfernt sind. Eine weitere nicht alltägliche Beobachtung!

Mittlerweile bewegt sich eine weitere Trappengruppe aus der Deckung. Es sind  Hennen  und Junghähne. Wir zählen sechzig Großtrappen! Alle sind happy, da fliegt dicht am Turm eine männliche Wiesenweihe im Gaukelflug vorbei! Sie ist auf der Jagd nach Nagern. Jetzt sehen wir auch die erst nur gehörten Brachvögel – ein Paar, wie an den verschieden langen Schnäbeln erkennbar ist.

 

Gerade fängt eine Nachtigall an zu singen in zehn Metern Entfernung, genau in Augen- bzw. Linsenhöhe.

Endlich mal eine frei sitzende Nachtigall, die wir alle ausgiebig beobachten können.  Eine Klappergrasmücke klettert durchs Geäst neben dem Turm, zwei Schafstelzen balzen am Boden, die Grauammer singt und in der Ferne zeigt sich ein Raubwürger. Jetzt kommt eine weibliche Wiesenweihe über dem eingezäunten Schutzgebiet geflogen,  die hier sicher vor Prädatoren ein Bodennest aufsucht. Die Stimmung wird immer besser auf dem Turm, als zehn der mächtigen Großtrappen auffliegen und dann majestätisch rudernd Richtung Buckow verschwinden.

In der Erwartung einer Tasse Tee brechen wir nach einer Stunde auf und freuen uns auf einen Vortrag im Großtrappenzentrum.

 

Ein wirklich gelungener Vormittag mit intimen Beobachtungen seltener und attraktiver Vögel!

Rolf Schneider

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